Der Sportliche

Denkt man an München, fallen einem sofort der FC Bayern München, die Allianz Arena und der große Karl-Heinz Rummenigge, liebevoll auch „Kalle“ genannt, ein. Aber die am wenigsten deutsche Stadt Deutschlands besteht nicht nur aus Fußball. Das begreife ich, sobald ich meinen Fuß hineinsetze. Man muss nur einen der vielen Parks der Stadt besuchen: Zu jeder Tageszeit trifft man hier auf Rad fahrende Manager mit Krawatte, Familien mit Picknickkorb und keuchende Sportler beim Training. Die Münchner Parks sind soziale Treffpunkte (vergleichbar etwa mit den italienischen piazze) und sind noch dazu reich an Düften und Farben, die ihnen gleichzeitig ein Lebensgefühl von Ruhe und Stille verleihen.

Friedensengel, Maximiliansanlagen
Eisbach Surfer
Eisbach Surfer

Der erste Park, in den ich gehe, ist der Olympiapark. Er ist allseits bekannt wegen der Tragödie bei den Olympischen Spielen 1972, als eine Gruppe palästinensischer Terroristen einen Teil des israelischen Olympiateams als Geiseln nahm. Die Bilanz dieses Anschlags waren siebzehn Tote und auch heute erinnern zahlreiche Gedenkstätten in und um München daran. Heute, über 50 Jahre danach, ist der Park neben seinem Platz in der Geschichte eins der wenigen Paradebeispiele dafür, wie eine Metropole durch Investitionen in eine Olympiade bereichert werden kann.

Auch der einfache Besuch des Olympiastadions kann zur sportlichen Herausforderung werden. Begibt man sich auf eine ungewöhnliche Art der Besichtigung und spaziert auf der Zeltdachkonstruktion herum, kommt man an dem Seil vorbei, an dem man sich mit entsprechender Sicherung vom Dach bis in die Mitte des Spielfelds abseilen kann. Natürlich konnte ich dem nicht widerstehen! Neben dem Rasen, den Hügeln und dem kleinen See habe ich mir auch die Olympia-Schwimmhalle, die Olympiahalle und die Fußballfelder nicht entgehen lassen.

Und wer sich von den im Winter manchmal rauen Temperaturen in München inspirieren lassen will, der kann sich hier beim Eislaufen austoben. Ich bin im Sommer nach München gekommen und auch wenn man vom Meer nur träumen kann, habe ich mich von den Beachvolleyballfeldern in Versuchung führen lassen. Ich weiß, was ihr jetzt denkt: 1972 war Beachvolleyball noch keine olympische Disziplin, aber seitdem sind fast fünfzig Jahre vergangen, oder? Ach, und denkt nicht einmal daran, mit dem Auto herzukommen. Außer, dass ihr damit das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur stört, würdet ihr auch die wunderbaren Fahrrad- und Spazierwege Münchens verpassen. Wenn ihr mir das versprecht, gebe ich euch noch einen zusätzlichen Tipp: Steigt auf den Olympiaberg und erfreut euch am Ausblick über die gesamte Stadt.

Allianz Arena

Aus dem Olympiapark werdet ihr angenehm erstaunt wieder herauskommen. Das gleiche empfindet man auch beim Spaziergang durch die Maximiliansanlagen, einem richtigen Wald inmitten der Stadt. Der Park wurde im 19. Jahrhundert angelegt und ist eine der größten städtischen Grünanlagen der Welt. Aber macht euch keine Sorgen: Dank der vielen Infotafeln braucht ihr keinen Kompass. Lasst euch stattdessen von den vielen Spiel- und Trainingsanlagen für Tennis und Fußball in der Nähe des Chinesischen Turms leiten und zu den großen Wiesen in den Maximiliansanlagen – dem südlichen Teil des Parks.

Eine Frage: Habt ihr Angst vorm Surfen? Auf Höhe der Prinzregentenstraße gibt es am Eisbach, einem Seitenarm der Isar, eine Stelle, an der man surfen kann! Ich habe es nicht geglaubt und war erstaunt. Als nach dem Zweiten Weltkrieg amerikanische Marines in München stationiert wurden, hatten sie Sehnsucht nach einer ihrer bevorzugten Sportarten: dem Wellenreiten. Also haben sie die Strömungsgeschwindigkeit des Eisbachs ausgenutzt und mit großen Steinen einen Damm geschaffen. Seitdem schlägt der Fluss hier spektakuläre Wellen und man trifft hier fast immer Surfer, die sich auf der Suche nach dem perfekten Gleichgewicht auf’s Wasser stürzen.

Entspannt euch nach so viel Adrenalin und betrachtet die fantastischen Wandmalereien unter dem Friedensengel. Sie haben alle eine bestimmte Bedeutung – wie Märchen, die von der Natur und ihrem Respekt für die Gemeinschaft erzählen.

DAV Kletter - Boulderzentrum
Starnberger See, Tutzing

Ich habe euch dazu geraten, nicht mit dem Auto zu den Parks zu fahren. Ich möchte an dieser Stelle noch weiter gehen: Fahrt auch nicht damit nach München hinein. Auch ihr werdet sofort merken, dass die Stadt von Fahrradwegen regelrecht überzogen ist. Nach dieser Entdeckung frage ich enthusiastisch im Hotel nach, wo man ein Fahrrad mieten kann, und bin positiv überrascht! Einige Hotels stellen es sogar gratis zur Verfügung. Es wäre aber sowieso kein Problem gewesen, weil München voller Bikesharing-Möglichkeiten ist. Auch das Parken ist kein Problem, weil es sogar doppelstöckige Fahrradabstellanlagen gibt. Ich würde sagen, drei zu null für das Fahrrad!

Also nehme ich ab dem Marienplatz den Fahrradweg zum Flaucher. In meinem Notizbuch notiere ich mir den Namen DAV Kletter– und Boulderzentrum. Ja, ihr habt richtig verstanden – ich suche das fantastischste Kletterzentrum der Stadt. Nicht weit von hier liegen die Berge, wo man richtig Bergsteigen kann, aber wenn ihr die Stadt nicht verlassen wollt, dann sind die 7500 Quadratmeter Indoor- und Outdoor-Wände das Richtige für euch. Habt keine Angst davor, auch eure Kinder mitzubringen. Während ihr senkrecht an der Wand hängt, könnt ihr immer ein paar Worte mit anderen Mamas und Papas wechseln, die sich beim Klettern und Fläschchengeben abwechseln. Ich habe auch noch eine andere Kletterhalle in München gefunden – die Boulderwelt München Ost in der Nähe des Ostbahnhofs. Sie ist kleiner, hat niedrigere Decken, aber dieselbe entspannte und ruhige Atmosphäre der größeren Hallen. Außerdem kann man die Ausrüstung mieten und es gibt auch ein Restaurant mit gesunder Kost für alle Bedürfnisse des Sportlers.

Entlang der Isar
Olympiaberg
Olympiaberg

Sagt euch der Name Jochen Schweizer etwas? Als Unternehmer und Stuntman ist Jochen der Mann, durch den die Deutschen ihre Liebe zum Extremsport entdeckt haben. Ich bin in die Jochen Schweizer Arena im Süden von München gefahren. Man muss es sicher nicht extra erwähnen, dass dies ein Zentrum für Abenteuerlustige ist. Eine halbe Stunde habe ich gebraucht um zu entscheiden, mit welcher der drei Attraktionen ich anfangen will: dem Abenteuerpark, dem Wellenreiten oder dem Bodyflying. Ich werde es euch nicht verraten, aber mein Tipp: Ihr solltet alle ausprobieren!

Unterdessen bereitet euch darauf vor, euch aus einem Gewirr aus Seilen, Seilbrücken und 13 Meter hohen Hängevorrichtungen zu befreien. Wenn ihr nicht schwindelfrei seid, dann probiert es mit dem Surfen. Natürlich ist es nicht wie auf dem Eisbach, aber im Wasserbecken mit seinen künstlichen Wellen werdet ihr euren Spaß haben. Und nicht nur ihr werdet euch vergnügen: Während ihr auf der Welle reitet, kann man vom Café aus eure Fortschritte mit denen der erfahreneren Surfer auf der großen Leinwand vergleichen. Ein ungerechter Vergleich? Das kann euch egal sein, denn während ihr das Gleichgewicht sucht, könnt ihr sicher sein, dass eure Konzentration voll und ganz auf das Brett und die Wasserströmung gerichtet ist. Mir, dem für gewöhnlich Seile und Wasser Kitzel bereiten, hat indessen ein akrobatischer Fallschirmsprung einen irren Adrenalinstoß versetzt! Legt Helm und Anzug an, tretet in einen durchsichtigen Zylinder ein und auf ein Metallgitter und … ein starkes Pfeifen schießt euch mit 200 Stundenkilometern in die Luft!

Wenn ihr etwas tiefer fliegen wollt, vielleicht sogar auf einer Wasseroberfläche, dann fahrt zum Starnberger See gleich vor den Toren der Stadt. Hier könnt ihr euch beim Windsurfen, Segeln oder Sportbootfahren verausgaben. Sucht ihr ein wenig Erholung? Dann lasst euch auf eine Bootstour über den See mitnehmen. Oder besser noch, wenn es die Jahreszeit erlaubt, taucht bei Regen in den See. Ich habe furchtlose Rentner gesehen, die ohne zu zögern schwimmen gingen, und es ihnen bedenkenlos nachgemacht. Dreht euch nach ein paar Schwimmzügen einfach auf den Rücken und genießt das sanfte Trommeln der Regeltropfen auf eurer Brust. Es wird euch wie eine Massage vorkommen!

di Paolo Ermano

Die Isar

Weitere Routen

  • Der Insider

  • Der Intellektuelle

  • DieStilsichere

  • Die Entdeckerin