In meinen Adern fließt das Blut des Salento. Nicht etwa das Blut Apuliens, sondern das salentinische Blut meiner Heimat. Für einen Außenstehenden mag das dasselbe sein, für uns Süditaliener nicht. Ich habe die Sommer meiner Kindheit und Teenagerzeit zwischen Lecce, Gallipoli und Otranto verbracht. „Lu sole, lu mare, lu ientu“ – Heimat klingt für mich nach Sonne, Meer, Wind, aber auch nach mit Creme gefüllten Pasticciotti und Pizzica. Der Konkurrenzkampf so mancher italienischen Städte untereinander ist legendär: Bergamo und Brescia, Pisa und Livorno – da dürfen Lecce und Bari natürlich nicht fehlen.
Als Erwachsene wurde ich zur Weltenbummlerin und habe meine Wäsche im Arno, Amazonas, Nil und in der Donau gewaschen. Trotzdem kam ich mit einem Koffer voller Vorurteile nach Bari – ein Vermächtnis meiner salentinischen Großmutter, die nur zu gerne und lautstark auf die Leute in Bari schimpfte. Ich wünschte, sie würde noch leben, damit ich ihr sagen könnte, wie sehr sie sich geirrt hat.
Ich bin erst seit fünf Minuten in Bari und schon erfasst mich ein unbeschreibliches Gefühl des Wohlbefindens. Der Himmel über Süditalien strahlt in wahrem Festtagsblau. Das Weiß der Altstadt von Bari reflektiert das Licht, wie es sonst nur Schnee vermag, und die herrlich salzige Meeresluft füllt meine Lungen.
Ich wohne im Viertel San Nicola in der Altstadt Baris: eine gute Wahl. Il Pescatore ist nicht nur ein Fischrestaurant, das man besucht haben sollte, es hat auch seit Kurzem ein kleines Bed & Breakfast mit direktem Blick auf das Castello Normanno Svevo. Die Betten sind himmlisch weich und das Frühstück gleicht einem königlichen Festbankett. Ein kräftiges Frühstück ist jetzt genau das Richtige, denn heute will ich die Stadt erkunden, und im alten Stadtkern kommt man nur zu Fuß vorwärts. Ein Spaziergang dorthin durch das Wirrwarr aus Straßen und Gassen zwischen der Promenade und dem Murat-Viertel ist an sich schon ein Erlebnis.