Die Entdeckerin

Ihr kennt München wie eure Westentasche, habt aber noch einen Tag übrig, um die Umgebung zu erkunden? Hier ein paar Ideen für alle, die das Umland entdecken möchten.

Ein Muss für Familien mit Kindern ist ein Abstecher in einen dieser beiden Parks: den BergTierPark Blindham oder den Wildpark Poing . Neben den unzähligen Spielgeräten für die Kleinen wie Schaukeln, Trampolinen und Rutschen jeder Form und Größe gibt es in diesen Naturparks die Möglichkeit, Hirsche und Rehe zu streicheln. Rüstet euch mit einem Säckchen Körnerfutter aus, das man am Eingang kaufen kann, und ihr werdet neue vierbeinige Freunde finden!

Burg Burghausen
Maibaum, Aying
Wildpark Poing

Bierliebhabern empfehle ich einen Ausflug ins 25 km südlich von München gelegene Aying. Das kleine traditionsreiche Dorf ist Sitz der gleichnamigen Brauerei. Seit 1876 wird hier das „Ayinger“, eines der besten Biere Deutschlands, gebraut (Geschmäcker sind verschieden, aber wer es probiert, wird mir recht geben!). Man kann die Brauerei auf einer Führung besichtigen (für weitere Informationen: www.ayinger.de). Schaut euch danach auf dem Dorfplatz im Zentrum den höchsten Maibaum Europas an. Ein wenig wie der „Schlaraffenbaum“ von Collodi ist der Maibaum ein Symbol für Fruchtbarkeit und Glück und wird immer am 1. Mai im Rahmen eines auf fast allen bayerischen Dorfplätzen stattfindenden Volksfestes aufgestellt.

Wer Erholung und Frieden lieber an einem See sucht, kommt auch auf seine Kosten: München ist umgeben von mehreren kleinen und größeren Seen, die alle zum Baden geeignet sind. Ich empfehle einen Ausflug nach Tutzing, das rund 40 km entfernt am Starnberger See liegt. Einst war es ein kleines Fischerdorf, heute bietet es viele Freizeitmöglichkeiten: Golfplätze, Segel- und Surfschulen sowie Cafés und Restaurants direkt am Wasser, die nie zu voll sind. Macht einen Spaziergang am See entlang durch den Ort – und wundert euch nicht, wenn euch ein asiatisch aussehender Typ um die Fünfzig über den Weg läuft, der nachlässig bis exzentrisch gekleidet ist und so viele Tätowierungen hat wie Bodyguards, die ihm folgen. Das ist Maha Vajiralongkorn, der König von Thailand. Auf der Durchreise verliebte er sich so sehr in Tutzing, dass er es zu seinem zweiten Wohnsitz oder vielmehr seiner Residenz machte und die Villa Sorberg mit ihrem 5.600 qm großen Grundstück kaufte – für den bescheidenen Preis von zwölf Millionen Euro.

In der Gegend um Garmisch

5 km weiter am Seeufer entlang Richtung Süden treffen wir auf Bernried, wo das Buchheim Museum auf uns wartet – ein sehr spezielles Museum, das wir der Kunstleidenschaft von Lothar-Günther Buchheim zu verdanken haben. Buchheim war Schriftsteller (sein Bestseller „Das Boot“, die Grundlage für den gleichnamigen Film, wurde in 18 Sprachen übersetzt), Regisseur, Maler, Herausgeber, Abenteurer und Mäzen. Im Museum sind die Werke und Sammlungen zu sehen, die Buchheim auf seinen Reisen zusammentrug. Darunter sind expressionistische Meisterwerke, ethnische und zeitgenössische Kunst und auch eigenwillige Sammlerstücke wie Raritäten aus Theatern und Zirkussen. Seine Sammlungen sind so bunt und vielfältig, dass sie den Namen „Museum der Fantasie“ verdienen.

Bei der Fahrt nach Garmisch-Partenkirchen (55 km weiter südlich), einem Städtchen mit Alpenflair, Geburtsort des Schriftstellers Michael Ende, dürft ihr ein Naturwunder nicht verpassen: die Partnachklamm, eine 80 m tiefe und fast einen Kilometer lange Schlucht, die im Sommer wie im Winter begehbar ist. Wenn euch verschneite Panoramen mehr reizen, dann erklimmt den höchsten Gipfel Deutschlands, die Zugspitze (2.962 m). Man erreicht sie mit der Zahnradbahn und der Seilbahn. An klaren Tagen kann man einen atemberaubenden Blick auf die Schweizer und österreichischen Alpen genießen. Wagemutige können auf der AlpspiX herumlaufen, einer Aussichtsplattform über dem Abgrund, ein Stück oberhalb der Bergstation der Alpspitzbahn. Ein kleiner Tipp: Auch wenn im Tal sommerliche Temperaturen herrschen, nehmt eine warme Jacke mit, denn auf dem Gipfel wird man nicht selten von einem Schneeschauer überrascht.

Ein Muss für Freunde expressionistischer Kunst ist ein Abstecher ins Museum des Blauen Reiters im Schloss Murnau und/oder ins Franz Marc Museum in Kochel am See. Die beiden sind nicht weit voneinander entfernt, etwa 30 km südlich von Bernried an der Straße nach Garmisch.

Burg Burghausen
Starnberger See, Tutzing

Wenn ihr lieber ins Mittelalter eintaucht, dann empfehle ich zwei Städtchen, die den Bombardements des Zweiten Weltkriegs entkommen sind und somit den Zauber vergangener Zeiten bewahrt haben. Beginnen wir in Wasserburg am Inn, das ca. 60 km südlich von München liegt. Wie der Name schon sagt, ist es eine Ortschaft am Wasser, aber nicht nur. Der Inn, ein Nebenfluss der Donau, umfasst wie ein Gürtel den gesamten Ort, der sich tropfenförmig an seine Ufer schmiegt. Wasserburg ist ein mittelalterliches Freilichtmuseum, das man leicht zu Fuß durchstreifen kann. Wenn ihr Glück habt und im Sommer nach Wasserburg kommt, dann gibt es zwei Termine, bei denen sich ein Besuch nach Sonnenuntergang lohnt: „Wasserburg leuchtet“, wenn Lichtkunst den gesamten Ort mit Farbeffekten, Projektionen und Lasershows illuminiert, und den Nachtflohmarkt (Informationen zu den Terminen unter www.wasserburg.de).

In Burghausen, 50 km von Wasserburg entfernt, befindet sich die längste Burg der Welt (1051 m). Die Feste ist so gut erhalten, dass sie als Kulisse für Filme wie „Die drei Musketiere“, „Baron Münchhausen“ und „Wickie und die starken Männer“ diente. Für Jazzfans ist die Internationale Jazzwoche Burghausen ein Muss, die seit 1970 immer im März stattfindet und die größten Jazzmusiker der Welt zu Gast hat.

Wer kennt nicht das Kinderlied „Old MacDonald hat ‘ne Farm“? Gut, dann gehen wir die mal besuchen. Sie befindet sich in Glonn, nur 35 km südlich von München. Karl Ludwig Schweisfurth führte eine Großmetzgerei, er hatte in einem großen Schlachthaus in den Vereinigten Staaten gearbeitet. 1986 wurde ihm bewusst, wie stark durchindustrialisiert die Lebensmittelbranche bereits war. Er beschloss, nach Deutschland zurückzukehren, kaufte und restaurierte einen alten, ungenutzten Hof und gründete die Herrmannsdorfer Landwerkstätten.

Seine Prinzipien: „Besonders am Herzen liegt uns eine zeitgemäße Erneuerung einer verloren gegangenen Agrarkultur. Das heißt für uns: Achtsamkeit im Umgang mit Boden, Wasser und Pflanzen, eine würdevolle Behandlung unserer bäuerlichen Nutztiere und Respekt für das alte, gewachsene Handwerk. Dabei entstehen Lebensmittel, (…) die Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen fördern und ehrlich gut schmecken.“ Setzen wir uns also in seinen Biergarten und kosten wir seine Produkte. Die Tenne ist übersät mit Skulpturen und Kinderspielzeugen und nicht selten passiert es, dass einem Hühner zwischen den Beinen herumspazieren. Auch die Kaffeerösterei lohnt den Besuch – einen besseren Espresso habt ihr noch nie getrunken!

Garmisch
Wasserburg am Inn

Nach dieser Stärkung gehen wir ein prächtiges Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert besuchen – das Gut Sonnenhausen. Ihr werdet euch vorkommen wie in einer Folge von „Downton Abbey“! Die Villa steht Besuchern nur bei Veranstaltungen, Konzerten oder für private Feste offen, aber Hof und Park sind für jedermann zugänglich. Steigt doch auf den Hügel neben dem Weg und genießt, gemütlich auf einer Bank sitzend, den Sonnenuntergang.

Nun noch ein letzter Tipp, bevor ich euch auf Entdeckungstour schicke: Am Rande der Landstraßen findet ihr in den Sommermonaten riesige Blumenfelder. Auf diesen Feldern, die durch ein gelbes Schild mit der roten Aufschrift „Blumen“ gekennzeichnet sind, wachsen je nach Jahreszeit Tulpen, Dahlien oder Sonnenblumen. Legt einen Stopp ein und nehmt das bereitgelegte Messer: Ihr dürft selber schneiden, was euch gefällt, und das Geld in das dafür gedachte Kästchen werfen. Kein Blumenhändler wird euch frischere und duftendere Blumen anbieten können.

di Stefano Merenda

Wildpark Poing
Garmisch

Wildpark Poing

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