Als Fan von Brillen, sei es als Accessoire oder aus Notwendigkeit, bist du hier am richtigen Ort. Ob normale Brille oder Sonnenbrille, die Münchner sind regelrecht vernarrt in Brillen. Ace & Tate am Gärtnerplatz sieht mit seinem runden Tresen aus hellem Holz, den gigantischen Kakteen und der Leseecke fast aus wie ein Restaurant. Es ist nicht nur ein Geschäft für stylische Brillen: Hier trifft man auf aufmerksames und kompetentes Personal, Hunderte von Modellen für alle Bedürfnisse und eine extreme Sorgfalt beim Verpacken – ein Grund mehr, nicht mit leeren Händen hinauszugehen. Die Versuchung ist groß, alle Geschäfte der großen italienischen Modehäuser und internationalen Ketten abzuklappern, aber ich suche ja etwas Echtes, Originelles. Deshalb überwältigt mich die Wirkung der eleganten, puristischen Mode von Yukai in der Kurfürstenstraße buchstäblich. Keck japanisch inspiriert, bietet die Linie Kollektionen von zeitloser Eleganz, unverzichtbare Essentials sowie einzigartige Schals aus Japan. Ich bin sehr zufrieden, aber nach so viel Haute Couture spüre ich einen starken Drang nach etwas Bayerischem. Und da sind sie, bunt, fesch, voluminös und aus vielen Lagen bestehend: Dirndl sind die klassische Tracht der Bayerinnen, und Lodenfrey, das Modekaufhaus in der Maffeistraße 2, ist seit 1842 ein Muss, wenn es um diese Art von Kleidung geht. Dirndl für den Tag und für den Abend, Loden und Lederhosen für jede Gelegenheit, besonders natürlich für das Oktoberfest. Aber in den luxuriösen Etagen des Hauses mitten im Zentrum findet man auch internationale Marken und Sportbekleidung.

Unter Einkäufen begraben, beschließe ich, ins Hotel zurückzugehen, um die Tüten abzustellen. Das Flushing Meadows ist das richtige Hotel für alle, die die Wandlung dieser Stadt hautnah erleben wollen. Wir sind im Glockenbach, dem lebendigen Hipster-Viertel Münchens. Wie so oft bei Trendvierteln galt auch dieses früher als einfach und etwas verrufen. Mein Hotel entstand aus einem Industriegebäude mit Mauern aus Sichtbeton. Es hat wenige Zimmer, die jeweils von einem lokalen Künstler gestaltet wurden. In meinem Schlafzimmer, das auf zwei Ebenen liegt, hängt eine Hängematte von der Decke, recycelte Gegenstände wurden zu Kunstobjekten erhoben, und ich kann meine Lieblingsplaylist per Bluetooth anhören.

Nach einer schnellen Dusche mit Biokosmetikprodukten der Berliner Marke Walachei gehe ich hoch auf die Dachterrasse des Hotels und gönne mir ein Glas gut gekühlten Riesling. Der Blick ist atemberaubend und wird von minimalistischer elektronischer Musik begleitet – und von den Leuten um mich herum, die alle Sprachen der Welt sprechen.

Wenn ihr euch in einem Gewirr von Plattenläden, Trödelhändlern, die Design aus der 50er- und 60er-Jahren und Vintage-Koffer anbieten, kleinen Trendboutiquen, Restaurants mit Küche aus aller Herren Länder und Barbierläden verlieren wollt, dann geht die Fraunhoferstraße entlang. Das Barber House ist zwar für die Herren gedacht, zieht mich aber an wegen seines großen gelben Retro-Ladenschilds mit der altmodischen Schrift. Drinnen gibt es nicht nur einen Barbier: Die einen Kunden lassen sich akkurat den Schnurrbart stutzen, andere schwatzen und schlürfen Aperitifs, lesen Hochglanzmagazine und sind vielleicht auf der Suche nach einem neuen Haarschnitt. Es ist nicht der erste Salon dieser Art, der mir in der Stadt auffällt, aber sicherlich der am besten besuchte. Ich höre mich um nach den obligatorischen Etappen der Münchner Wellness-Szene. Dabei ist es mir nicht nach luxuriösen Spas in Fünf-Sterne-Hotels, vielmehr suche ich etwas für Kenner.

Den Rat, den man Freunden gibt, die auf den perfekten Look nicht verzichten wollen. Die Gurus der Bartpflege im Barber House empfehlen mir The Browery in der Amalienstraße 87, wo man sich die Wimpern und Augenbrauen einer Filmdiva stylen lassen kann. Augenbrauen werden hier mit technischer Akribie verdichtet, tätowiert, gefärbt, geschnitten und gezupft. Mein persönlicher Favorit ist jedoch der Salon Hammer & Nagel in der Blumenstraße 3. Ihr denkt jetzt sicher an ein cooles Nagelstudio. Oder an die kühnsten Kreationen der Nagelkunst. Nichts von alledem. Und vor allem für Mädchen völlig uninteressant. Dieser stylische Laden mit schwarzen Ledersofas und Backsteinwänden ist ein Tempel der Hand- und Fußpflege nur für Männer, das beste Spa laut GQ, Men’s Health, L’Officiel Hommes, Glamour und natürlich … Alternative Guide!

Nach so viel Aufmerksamkeit für kosmetische Details will ich mich nun auch kulinarisch verwöhnen lassen, und zwar im Zum Augustiner ganz in der Nähe vom Marienplatz. Das hört sich vielleicht etwas touristisch an, aber ich bin ja hier, um auch mal einheimische Luft zu schnuppern – bei einem typischen Essen und einem guten Bier. Ich trete ein und finde mich in einem enormen Saal mit Fresken, Glaskuppel und Holzsäulen wieder, erfüllt von fröhlichem Lärm und herzhaften Bratendüften. Die Kellnerin im Dirndl meint, ich solle ihr einfach vertrauen, und lacht, als ich mir Sorgen mache wegen der riesigen Portionen, die ich auf den Nebentischen sehe. Tatsächlich war das meine größte Herausforderung während meines Münchenaufenthalts: Mein Bratenpfanderl ist ein Riesenteller mit einem Viertel Ente aus dem Ofen, Schweinshaxe und Schweinebraten mit viel Sauerkraut und Knödeln dazu!

Ich kann es noch immer nicht glauben, dass mich die Stadt so überrascht hat. In meiner Vorstellung war München ein verträumter, fast märchenhafter Ort voller Volkslieder, Märkte und leckerer Brezen. Aber stattdessen hat mich ein Melting Pot aus Innovation und Design empfangen, der Paris, Mailand und New York in nichts nachsteht. Aus München bringe ich einen bis zum Rand mit Andenken und Bücher gefüllten Koffer mit – von denen ich letztere nicht mal geöffnet habe – und mein Lieblings-Souvenir natürlich: ein kleines Tattoo aus dem Studio Suite 477 im Glockenbachviertel.

di Veronica Gabbuti