Aber zurück zu den Kanälen. Kaum einer weiß, dass man sich in Venedig per Boot frei auf den Gewässern bewegen darf. Ihr habt selbst ein kleines Boot? Wunderbar, damit könnt ihr in die Kanäle fahren und müsst lediglich die Verkehrsregeln zu Wasser beachten. Oder ihr leiht euch ein Boot aus. Die Auswahl an Anbietern ist riesig (www.venicebywater.com) und das Bootfahren eine tolle Möglichkeit, die Stadt aus einer anderen Perspektive zu erkunden – so, wie es die Menschen hier schon seit Jahrhunderten tun.
Aber passt auf, die Kanäle sind durch die vielen Wasserfahrzeuge und die teils hohen Wellen und Brecher der großen Schiffe für Unerfahrene nicht ganz ungefährlich. Mein Tipp lautet also, dies eher in der Nebensaison zu planen (im späten Herbst bis zum Frühling beispielsweise ist ein idealer Zeitpunkt, den Karneval solltet ihr meiden).
Zusätzlich empfiehlt es sich, eher am Stadtrand zu bleiben, ganz einfach um Venedig und seine Kanäle ganz in Ruhe erkunden zu können. Oder ihr nutzt die vielfach angebotenen geführten Ausflüge zu Wasser. Diese sind besonders in den Abendstunden ein echtes Erlebnis.
Ein kleiner Ausflug in die Geschichte sei mir auch beim Thema Sport gestattet. Venedig steht für eine jahrhundertealte Seemannstradition, die schon immer das Leben der Lagunenstadt geprägt hat. Auch heute noch gibt es viele, die diese alten Traditionen am Leben halten. Speziell spreche ich hier von den ortsansässigen Ruderern, den Canottieri della Giudecca. Mehr denn je sind die venezianischen Ruderer heute stolz auf ihren Sport.
Im Gegensatz zum englischen Ruderstil steht man beim venezianischen Rudern aufrecht und blickt nach vorn. Die Ruder werden nicht durch das Wasser gezogen, man stößt sich vielmehr mit dem Ruder ab. Diese Technik hat sich in Venedig durchgesetzt, da man dabei sowohl fischen als auch einfacher durch die Kanäle navigieren kann. Ihr müsst nur an die Rudertechnik der Gondolieri denken und wisst sofort, was ich meine. Alle Mitglieder der Canottieri tragen das typische rote Matrosenhemd und können verschiedene Bootstypen nutzen.
Also, worauf wartet ihr noch? Meldet euch an! Die Reale Società Canottieri Bucintoro ist die älteste Cannottieri-Gesellschaft in ganz Italien und geht auf das Jahr 1882 zurück. Sie hat ihren Sitz in den ehemaligen Salzlagern der über 600 Jahre alten Zollstation Punta della Dogana. In diesem außergewöhnlichen Bootshaus könnt ihr die tausend Jahre alte Seemannskultur und die daraus hervorgegangenen venezianischen Bootstypen live erleben: Neben einem puparìn, einer caorlina, einer Jolle und einer mascareta findet ihr drei gondolini und eine ballotina.
Und damit nicht genug: Wenn ihr Glück habt, versteckt sich hier auch die ein oder andere Rarität – beispielsweise die wohl schönste historische Gondel Venedigs aus dem 19. Jahrhundert. Dieses Meisterstück stammt aus der Werkstatt des berühmten Meisters seines Fachs, Giubboni. Mit der Società Bucintoro ist es einfach, eine Ruderpartie mit ein oder zwei Lehrern zu organisieren. Hinter der Guidecca-Insel trefft ihr auf Sportgruppen, die vor der Enge der Stadt flüchten, vor all den Häusern und Kirchen, die einem nie eine Atempause gönnen.